Kreislaufwirtschaft umsetzen
Am Hebel »Produkt« setzt auch die Kreislaufwirtschaft an. Die Idee: Statt Produkte am Ende ihres Lebens im Ganzen zu entsorgen, soll eine digitale Begleitung es ermöglichen, sie aufzubereiten oder in Bestandteile zu zerlegen, die sich wiederverwenden oder recyceln lassen. Auch hier ist Mügges Team aktiv. »Damit Kreislaufwirtschaft funktioniert, müssen Unternehmen viel stärker zusammenarbeiten als bisher«, berichtet sie. Das Projekt Catena-X vernetzt Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette von Kfz. Bisher hatten Fahrzeugverwerter kaum Zugriff auf Informationen über die im Auto verbauten Materialien. Das erschwerte die Wiederverwendung von Komponenten ebenso wie das Materialrecycling. Das Datenökosystem Catena-X ermöglicht nicht nur den einfachen Austausch von Informationen. Der sogenannte CE-Assistent findet darüber hinaus für die verbauten Teile die beste Verwertungsstrategie. Ähnliche Konzepte entwirft das Projekt Aerospace-X für die Luft- und Raumfahrtbranche.
Um Verwertungsstrategien geht es auch im Projekt Digma-DT. Hier wird mithilfe Digitaler Zwillinge Transparenz über den CO2-Fußabdruck während des Verwertungsprozesses geschaffen. Ziel: THG-Emissionen einsparen. Weitere Aktivitäten zur Förderung der Kreislaufwirtschaft aus dem Fraunhofer IPK zielen darauf, Komponenten wiederzuerkennen, um sie für ein »zweites Leben« aufzubereiten. Hierzu entstehen Technologien zur Identifikation von Altteilen auf Basis von intelligenter Bildverarbeitung mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz.
Rückstandsloses Recycling
Damit auch Komponenten, die sich nicht wiederverwenden lassen, in der Verwertung nachhaltiger werden, arbeitet das Institut an rückstandslos recycelbaren Materialien. Annika Brehmer, Leiterin der Abteilung Bio- und Pharmaproduktionstechnik, und ihr Team forschen zu Biopolymeren. Anders als konventionelle »Ewigkeitschemikalien« können Mikroorganismen diese in wenigen Wochen zersetzen. In der Abteilung werden Biopolymere fermentativ aus Reststoffen hergestellt, um zum Beispiel Daumenorthesen für Montageaufgaben im Fahrzeugbau zu produzieren. Wird das Hilfsmittel nicht mehr gebraucht, wird es ohne Umweltbelastung entsorgt.
Brücken in alle Welt
Echte Nachhaltigkeit lässt sich nur im globalen Kontext erreichen. Das Fraunhofer IPK arbeitet deshalb mit Partnern auf der ganzen Welt zusammen, um Produktion und die dazugehörigen Lieferketten auf internationaler Ebene nachhaltiger zu gestalten. Besonders aktiv ist das Institut in Brasilien. »Projekte zur Nachhaltigkeit oder Energiewende müssen an verschiedenen Punkten ansetzen: Rohstoffe, Energie, Arbeitskräfte und Technologie. Brasilien hat Rohstoffe und erneuerbare Energie, wir in Deutschland können die Technologie beitragen«, sagt Dr. David Carlos Domingos, Leiter des Fraunhofer IPK Project Office for Advanced Manufacturing at ITA in São José dos Campos. Das Fraunhofer IPK hat deshalb den Ausbildungsdienst der brasilianischen Industrie SENAI beim Aufbau eines nationalen Forschungsnetzwerks unterstützt. »Wir brauchen die lokalen Partner für zielgerichtete Forschung. Wir können sehr viel von ihnen lernen«, sagt Dr. Markus Will, der das Projekt maßgeblich vorantrieb. »Denn nur wenn wir uns international austauschen, können wir innovative Projekte initiieren, die der Industrie nützen.«