Fraunhofer IPK und Fundación IWO präsentieren erste Erfolge bei der virtuellen Rekonstruktion von durch Terror zerstörten Archivalien

Neuer Einsatz für den ePuzzler

Am 7. August 2019 werden im Berliner Roten Rathaus erste Ergebnisse eines deutsch-argentinischen Kooperationsprojekts vorgestellt. In dem Projekt werden jüdische Kulturgüter automatisiert wiederhergestellt, auch dank einer neuen Scantechnologie.

In einer vom Auswärtigen Amt geförderten Pilotphase gelang es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Fraunhofer IPK, erste Stichprobendokumente aus der Bibliothek der Fundación IWO (Idisher Visnshaftlejer Institut – Instituto Judío de Investigaciones) zu rekonstruieren. Diese wurden beschädigt, als 1994 in Buenos Aires ein Bombenanschlag auf das Gebäude der Asociación Mutual Israelita Argentina (AMIA), der Zentrale der jüdischen Gemeinde in Argentinien, verübt wurde.

Seit dem Anschlag steht das IWO vor der Herausforderung, Millionen von Fragmenten in ihren Originalzusammenhang zurückzubringen. Neben dem Beschädigungsgrad schließt schon die Menge der einzelnen Teile eine manuelle Rekonstruktion aus. Hier kommt das Fraunhofer IPK in Berlin ins Spiel. Mithilfe des ePuzzlers, einer am IPK entwickelten Software, sollen die Bestände automatisiert rekonstruiert werden. Kern des ePuzzlers sind modernste Bildverarbeitungs- und Mustererkennungsalgorithmen, auf deren Basis gescannte Papierfragmente ohne Vorlage virtuell zu vollständigen Seiten zusammengesetzt werden können.

Das Projekt profitiert enorm von jüngsten Entwicklungsfortschritten bei der Digitalisierung von Papierfragmenten. Gemeinsam mit der Firma MFB MusterFabrik Berlin GmbH hat das Fraunhofer IPK einen neuartigen Dokumentenscanner entwickelt, der Papierfragmente nahezu jeder Form und Größe hochauflösend sowie farb- und geome­triegetreu gegenüber den Originalen erfasst. Dies ist notwendig, um Beziehungen zwischen den Teilen, wie zum Beispiel identische Pigmentierung oder benachbarte Kanten zuverlässig zu erkennen. Gleichzeitig erreicht das Gerät eine hohe Durchsatzrate sowohl bei der Zuführung der Originale als auch bei der Bildaufnahme. Ein Scanner, der all diese Qualitätsmerkmale aufweist, ist am Markt bisher nicht verfügbar.

Seit Anfang 2019 wird im Rahmen der Pilotphase des IWO-Projekts erstmals die neue Scantechnologie für eine Stichprobenanalyse von Dokumenten mit unterschiedlichen Zerstörungsgraden angewendet. Unter den bisher digitalisierten und erfolgreich rekon­struierten Papieren befinden sich bedeutende Zeugnisse der ostjüdischen Kultur und bislang nicht publizierte Manuskripte von Shoa-Überlebenden. Auf der Veranstaltung im Roten Rathaus werden hochrangige Vertreter und Vertreterinnen des IWO aus Buenos Aires die Rekonstruktionsergebnisse einordnen und deren Bedeutung aufzeigen.

Der ePuzzler hat seine Leistungsfähigkeit schon in mehreren Projekten unter Beweis gestellt. Ursprünglich war er entwickelt worden, um zerstörte Akten des DDR-Staats­sicherheitsdienstes wieder lesbar zu machen. Später wurde er unter anderem bei der Wiederherstellung der beim Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln im Jahr 2009 zerstörten Dokumente eingesetzt sowie für die Rekonstruktion des mittelalterlichen Gebetbuches Narek in Jerewan, Armenien.

Die Präsentation des IWO-Projekts am 7. August im Roten Rathaus erfolgt in Kooperation mit der Senatskanzlei Berlin und dem Auswärtigen Amt im Rahmen des 25. Jubiläumsjahres der Städtepartnerschaft Berlin – Buenos Aires.

 

Die Medieninfo steht Ihnen auch als PDF zum Download zur Verfügung (PDF, 616 KB).

© Asociación Mutual Israelita Argentina (AMIA)
Zerstörte Dokumente der Fundación IWO