Humanzentriert, ressourcenschonend, resilient – FuE-Lösungen für eine zukunftsfähige Produktion
Die Fertigung der Zukunft ist datenbasiert, doch auf dem Weg dorthin ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten. Das Fraunhofer IPK präsentiert Forschungsprojekte, Technologien und Lösungen, mit denen das Institut auf die Herausforderungen und Bedarfe von produzierenden Unternehmen reagiert.
Volatilität prägt die heutige Fertigungsindustrie. Anfang 2020 galt der Klimawandel als größte Herausforderung für die Produktion, seitdem haben diverse internationale Krisen etablierte Produktionsstrukturen erschüttert. Standortbedingungen und Lieferketten haben sich radikal verändert. Auch der Fachkräftemangel und internationale Konkurrenz erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Methoden, Prozesse und Technologien neu zu denken. Ressourceneffizienz, regulatorische Vorgaben und der demographische Wandel verlangen flexible, nachhaltige Ansätze, die die Resilienz von Unternehmen fördern.
Vor diesem Hintergrund hatte das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK mit führenden Industrievertreterinnen und -vertretern verschiedener Branchen anstehende Technologie- und Innovationsbedarfe im produzierenden Gewerbe diskutiert. Jetzt stellt das Institut FuE-Projekte und Lösungen vor, die Antworten auf die drängenden Fragen der Industrie in fünf Themenfeldern geben:
- Datenmanagement, -vernetzung und -analyse
- Fertigungssysteme und Produktionssteuerung
- Intelligente mechatronische Anlagentechnik
- Wissen und Assistenz in der Produktion
- Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit
Daten – die unschätzbare Goldgrube
Datengetriebene Lösungen machen Prozesse effizienter und generieren neue Geschäftsmodelle. Vernetzt, intelligent ausgewertet und in übergeordnete Systeme eingebunden bilden Daten die Basis für ein umfassendes Management industrieller Abläufe von der Produktentwicklung über den Shopfloor bis in den Vertrieb. Werden sie über Unternehmensgrenzen hinaus zugänglich gemacht, ermöglichen sie eine echte Kreislaufwirtschaft und halten Rohstoffe oder ganze Produkte länger in Nutzung.
Ausgewählte Lösungen für dieses Themenfeld:
- Daten- und Architekturkonzepte für konsequente Datendurchgängigkeit entlang des Produkt-Lebenszyklus
- Digitale Zwillinge für Produkte, Prozesse sowie Technologien, Maschinen und Anlagen
- Maschinelles Lernen und KI zur Kuratierung großer Datenmengen
Effizient fertigen mit flexiblen Abläufen
In der Fabrik der Zukunft hat der Netzwerkknoten ähnliche Bedeutung wie das Maschinenspannfutter, denn die Integration von Anlagen in durchgehende Fertigungsabläufe erfolgt rein informationstechnisch. Auf diese Art können Maschinen, Roboter, mobile Einrichtungen und sogar Handarbeitsplätze in immer neuen Abläufen angeordnet werden. Damit wird die Produktionsumgebung produktagnostisch, sie erlaubt die kostengünstige Umstellung auf Produktvarianten, auch in kleinen Stückzahlen. Cockpits und ähnliche Lösungen für die Ablaufsteuerung sorgen dabei für den nötigen Überblick.
Ausgewählte Lösungen für dieses Themenfeld:
- Blue Print Plant Modell für integrierte modulare Fabrikabläufe
- Mensch-Technik-Lösungen für empathische Produktionssysteme
- Applikationslabor »Digital Integrierte Produktion (dip)« für die sichere Erprobung neuer digitaler Lösungen
Die Maschine – das Herz der Fabrik
Werkzeugmaschinen, Roboter und andere Anlagen erreichen durch Sensorik und Netzwerktechnik oder Verfahrensanpassungen immer neue Effizienzstufen. Ob energie- und ressourceneffizientes Drehen, Fräsen und Schleifen in großen Bearbeitungszentren, Montage mit wahrnehmungsfähigen Robotern, Fertigung neuartiger Geometrien oder Bearbeitung innovativer Werkstoffe mit gänzlich neuen Verfahren: In der Maschinen- und Anlagentechnik auf dem Shopfloor steckt viel Forschungspotenzial.
Ausgewählte Lösungen für dieses Themenfeld:
- Spanende Bearbeitungstechnologien für die Mikro- und Makrofertigung
- Fraunhofer Dynamic Mixing Technologies für die Serienproduktion in Pharmazie, Chemie und Biotechnologie
- Sensorik und KI für kognitive Robotik
Support für die Ressource Mensch
Qualifiziertes Personal auf dem Shopfloor ist der Schlüssel zum Unternehmenserfolg – das ist inzwischen aber vielerorts Mangelware. Häufig agieren Fertigungsunternehmen mit Quereinsteigenden oder Zeitarbeitskräften, denen spezifisches Know-how zu den vorhandenen Anlagen fehlt. Kontextbasierte multilinguale Assistenzsysteme vermitteln je nach Bedarf Prozess- oder Maschinenwissen und unterstützen bei der Umsetzung von Rüst- oder Wartungsarbeiten. KI-basierte Tools unterstützen Unternehmen darüber hinaus bei der Identifikation geeigneter Weiterbildungsprogramme.
Ausgewählte Lösungen für dieses Themenfeld:
- Semantische Datenstrukturen für optimierten Informations- und Datenfluss in Unternehmen
- Assistenz-Apps für Maschinenbedienung sowie Wartung und Instandhaltung
- KI-basierter Rollennavigator für die betriebliche Weiterbildung
Für eine grüne Produktion
Unternehmen, die in der Produktion mit wenig Energie und Rohstoffen auskommen, profitieren finanziell und leisten zugleich einen wichtigen Beitrag zur Sicherung globaler Ressourcen und zum Schutz der Umwelt. Gesetzliche Vorgaben halten außerdem dazu an, Treibhausgasemissionen zu reduzieren oder Produkte nachverfolgbar zu gestalten. Die größten Effekte erzielen Hersteller, wenn sie bereits bei der Entwicklung von Produkten berücksichtigen, wie und von wo Rohstoffe und Halbzeuge beschafft werden oder unter welchen Bedingungen ein Produkt gefertigt werden soll.
Ausgewählte Lösungen für dieses Themenfeld:
- Systematisches Klimamanagement für KMU
- Digitale Produktpässe für Zirkularität und Datenökonomie
- Reallabor zur Erprobung umweltfreundlicher Technologien für die Elektromobilität
»In der Summe braucht es mehr als technologische Einzellösungen für einzelne Branchen, wenn es um die Sicherung der Krisenfestigkeit und Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Unternehmen in globalen Märkten geht«, sagt Prof. Eckart Uhlmann, Institutsleiter des Fraunhofer IPK. »Wir müssen holistische integrierte Systemlösungen entwickeln, um aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu meistern.« Dafür seien interdisziplinäre Teams, eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft und langfristig gesicherte Investitionen in Forschung und Innovation nötig, so der Produktionsexperte.