Lohnt sich der Einsatz von Robotern in meiner Produktion?

Das am Fraunhofer IPK entwickelte Automation Assessment hilft Unternehmen, diese Frage zu beantworten und Automatisierungspotenziale auszuloten.

Die Zahl der Industrieroboter steigt weltweit von Jahr zu Jahr. Knapp 600 000 Roboter wurden im Jahr 2023 verkauft. Der Trend wird sich nach den Prognosen von Statista weiter fortsetzen. Neben der Handhabung und Montage werden Roboter zunehmend in der Fertigung eingesetzt, nämlich überall dort, wo Produktionslinien kurzfristig angepasst werden müssen. Gerade im Zusammenspiel mit dem Menschen entfalten Roboter ihr Potenzial. Ob bei der Maschinenbeschickung, der Bearbeitung von Bauteilen oder der Qualitätskontrolle – die sogenannte Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) kombiniert die Vorteile von manueller und automatisierter Arbeit und ermöglicht es Unternehmen, ihre Produktion flexibler zu gestalten. 

Trotzdem fällt es kleinen und mittleren Industrieunternehmen immer noch schwer, kollaborative Roboter, kurz Cobots, in ihre Produktion effektiv einzubinden. Bereits vorhanden sind eher starre Montagestationen, in denen sich die Interaktion zwischen Mensch und Roboter auf einen vordefinierten Bereich und ein Minimum an Aufgaben beschränkt. Die Gründe dafür sind oft fehlendes Fachwissen oder geringe Erfahrungen in der Planung und Implementierung von MRK-Anwendungen, die Angst vor einer Risikoinvestition, aber auch mögliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheit der Arbeiter sowie die Robustheit und Zuverlässigkeit der Roboter. Flexible MRK-Anwendungen, wie sie für dynamische Produktionsumgebungen benötigt werden, sind in der Industrie häufig noch nicht zu finden.

Flexibles Miteinander

Flexibilität in der Mensch-Roboter-Kollaboration bezieht sich normalerweise darauf, wie schnell Cobots umprogrammiert oder für neue Verfahren verwendet werden können. Dabei wird ein Aspekt ignoriert, der für die Gestaltung von Fertigungssystemen von entscheidender Bedeutung ist: die Anzahl der Aufgaben, die ein Cobot in einer bestimmten Zeit erledigen kann. Eine flexible Kollaboration bedeutet, dass die Interaktion zwischen Mensch und Roboter während der Ausführung von Fertigungsaufgaben in verschiedenen Formen und unter verschiedenen zeitlichen Bedingungen stattfinden kann. Sie erfordert, dass der Cobot den Menschen ständig im Blick hat und auf Veränderungen oder Störungen in seiner Umgebung in Echtzeit reagiert. Zu diesem Zweck werden Cobots mit externer Sensorik und speziellen Steuerungsfunktionen wie Bildverarbeitung und Kraftregelung ausgestattet. KI-Algorithmen können zusätzlich helfen, diese Fähigkeiten zu steigern. Der Einsatz solch fortschrittlicher autonomer Robotertechnologien ist ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Implementierung von flexiblen MRK-Anwendungen. 

© Fraunhofer IPK / Arturo Bastidas-Cruz
Gute Zusammenarbeit: Portalroboter und Werker bei der Montage von Autoteilen

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Arturo Bastidas-Cruz zum Automation Assessment des Fraunhofer IPK

Automatisierungspotenziale systematisch analysieren

Hier unterstützen Forschende des Fraunhofer IPK jetzt mit einem Automation Assessment, um das individuelle Automatisierungspotenzial eines Unternehmens zu analysieren. »Viele Unternehmen haben bereits erste Ideen für MRK-Szenarien oder einzelne Prozesse, die sie automatisieren möchten. Sie wissen aber oft nicht, womit sie anfangen sollen«, sagt Robotik-Experte Arturo Bastidas-Cruz.  

Ein erster Schritt im Automation Assessment besteht deshalb darin, gemeinsam mit dem Unternehmen in Beratungsgesprächen und Workshops diejenigen Fertigungsprozesse zu identifizieren, die ein hohes Automatisierungspotenzial aufweisen. Zu diesem Zweck haben der Fraunhofer-Forscher und sein Team eine Reihe von Merkmalen definiert, um die Ist-Situation in der Produktionsumgebung von Kunden zu beurteilen. »Wir fassen unser Expertenwissen zum Stand der Technik in der Robotik in Kriterien zusammen, um das Potenzial für eine Mensch-Roboter-Kollaboration systematisch zu bewerten«, erläutert Bastidas-Cruz. »Auf dieser Basis können wir dann eine belastbare Einschätzung geben.« 

Dieser Prozess wird durch eine Software unterstützt, die anhand des Kriterienkatalogs eine einfache und schnelle Bewertung der Produktionsprozesse ermöglicht. Sie berechnet für jeden Prozess einen Index, der das Automatisierungspotenzial auf einer Skala darstellt. Je höher das Ergebnis für einen Prozess ausfällt, desto größer ist sein Automatisierungspotenzial. Welches konkrete MRK-Szenario tatsächlich machbar ist, wird dann in einer Performance-Analyse verifiziert, die die Gestaltung des Arbeitsbereichs und die Aufgaben des kollaborativen Szenarios berücksichtigt. Abschließend wird das Szenario anhand relevanter Leistungskriterien, wie Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Flexibilität, Produktivität, Ergonomie und Qualität, bewertet. Auf diese Weise legen die Forschenden gemeinsam mit dem Kunden fest, welche Aufgaben in welcher Form zwischen Roboter und Werker aufgeteilt werden – immer mit dem Ziel, das volle Automatisierungspotenzial der Produktionsprozesse auszuschöpfen.