Digital Twins

Was ist ein Digital Twin?

Ein Digital Twin (deutsch: Digitaler Zwilling) ist eine virtuelle Repräsentation eines physischen Objekts oder Prozesses. Er wird vor allem eingesetzt, wenn Unternehmen ihre Produkte oder Systeme über den ganzen Lebenszyklus hinweg beobachten, analysieren, simulieren und optimieren möchten. Dazu werden vom realen Objekt oder Prozess kontinuierlich Modelle, Informationen und Daten in Echtzeit erhoben, welche es erlauben, Einblicke in den Zustand und das Verhalten zu erhalten.

Wie funktioniert ein Digital Twin?

Ein Digital Twin besteht aus drei grundlegenden Kompontenten: Einem Digitalen Master, einem Digitalen Schatten und deren intelligenter Verknüpfung.   

 

1. Digitaler Master

Der Digitale Master enthält alle relevanten Modelle des physischen Objekts oder Prozesses. Durch geeignete Daten- und Informationsmodelle repräsentiert er so das Erwartete. Je nach Anwendungsfall kann sich dies auf die Geometrie, das Verhalten, die Funktion oder andere Eigenschaften von Produkten, Maschinen oder Prozesen beziehen.

Darstellung eines Digital Twins mit digitalem Master und digitalem Schatten
Digital Twins entstehen durch die Verknüpfung von Digitalem Schatten und Digitalem Master.

Als Beispiel soll hier ein Auto dienen. Alle Autos eines Typs wurden anhand der gleichen Zeichnungen und Produktionsanweisungen produziert und haben die gleichen durchschnittlichen Wartungszyklen. Die Modelle, Simulationen und Daten, aufgrund derer all diese Autos hergestellt werden, nennen wir »Master«.

 

2. Digitaler Schatten

Der Digitale Schatten hingegen repräsentiert das Tatsächliche. Er besteht aus Daten, die über den Lebenszyklus des abgebildeten Systems gesammelt werden. Dies können Betriebs-, Zustands- oder Prozessdaten sein, die zum Beispiel über Sensoren erfasst werden.

Diese Daten zeigen den Unterschied zwischen den einzelnen Autos, obwohl sie baugleich sind. Denn schon in der Produktion war jedes Auto Besonderheiten, wie zum Beispiel Montageabweichungen, unterworfen. Während des Betriebs kann es sein, dass das Auto in besonders heißen, kalten oder trockenen Regionen genutzt wurde und deshalb kürzere Wartungszyklen benötigt. Diese Daten, die die Realität des einzigartigen Autos darstellen, nennen wir »Schatten«.

 

3. Intelligente Verknüpfung 

Erst durch die intelligente Verknüpfung von Digitalem Master und Digitalem Schatten entsteht der tatsächliche Mehrwehrt des Digitalen Zwillings.  

Durch den Vergleich von Master- und Schattendaten des Autos können zum Beispiel Vorhersagen zum optimalen Wartungszeitpunkt getroffen oder wichtige Verbesserungspotenziale für zukünftige Produktgenerationen abgeleitet werden (Feedback to Design).

Welche Arten von Digitalen Zwillingen gibt es und wofür werden diese eingesetzt?

 

Produktzwillinge

Produktzwillinge sind digitale Abbildungen realer, individueller Wertobjekte. Sie enthalten Daten entlang des Lebenszyklus und eröffnen Einblicke in Produktverhalten und Optimierungspotentiale. Mit ihrer Hilfe können beispielsweise Daten unternehmensübergreifend ausgetauscht oder Produkte vorausschauend geplant und in allen Lebensphasen überwacht und optimiert werden, etwa hinsichtlich ihres ökologischen Fußabdrucks oder ihrer Energieeffizienz.

 

Maschinenzwillinge, Anlagenzwillinge und Technologiezwillinge

Maschinen- oder Anlagenzwillinge bilden den aktuellen Zustand während der Produktion ab. So können wir automatisiert die Energieeffizienz von Anlagen erfassen und steuern oder Wartungsbedarfe frühzeitig erkennen (Predictive Maintenance) und mithilfe von kontextsensitiven Assistenzsystemen bei der Instandhaltung unterstützen.

 

Prozesszwillinge

Digitale Prozesszwillinge vernetzen technologische Fabrikprozesse mit unternehmerischen Geschäftsprozessen. So können wir Systeme als Ganzes betrachten und auf einer soliden Datengrundlage wichtige Erkenntnisse zum Beispiel für die Produktionsplanung oder Geschäftsmodelle ableiten.

Anwendungsbeispiel: Schneller entwickeln dank Digital Twin

Unsere Forscherinnen und Forscher haben eine Pilotanlage entwickelt, an der verkettete Produktionsanlagen kostengünstig konzipiert und komplexe Prozesse sicher getestet werden können. Das Prinzip: Ein Digitaler Zwilling der modularen Entwicklungsumgebung sorgt dafür, dass die beiden Roboter für jeden Montageschritt automatisiert konfiguriert und angesteuert werden.

Vorteile der Lösung

am Beispiel der Automation eines Montageprozesses für Profiwerkzeuge

Zeit- und Kostenersparnis einer roboterbasierten gegenüber einer traditionellen Pilotanlage:

  • Pilotierung der Anlage in nur 12 Wochen statt 12 Monaten
  • Kosten ungefähr nur 175.000 statt über 2 Millionen Euro

Datenschutz und Datenverarbeitung

Wir setzen zum Einbinden von Videos den Anbieter YouTube ein. Wie die meisten Websites verwendet YouTube Cookies, um Informationen über die Besucher ihrer Internetseite zu sammeln. Wenn Sie das Video starten, könnte dies Datenverarbeitungsvorgänge auslösen. Darauf haben wir keinen Einfluss. Weitere Informationen über Datenschutz bei YouTube finden Sie in deren Datenschutzerklärung unter: https://policies.google.com/privacy

Ist Ihr Unternehmen bereit für den Digital Twin?

 

Die Industrie hat erkannt, wie vielversprechend Digital Twins als Zukunftstechnologie sind. Laut einer Gartner-Studie nutzen zwar derzeit nur 13 Prozent aller großen Firmen mit laufenden IoT-Projekten in den bedeutenden Industrienationen Digital Twins. Doch bei 62 Prozent der Befragten befinden sich solche Projekte zumindest in der Planungsphase.

In den Unternehmen, in denen Digitale Zwillinge bereits in der Anwendung sind, werden sie aber längst nicht optimal genutzt. Bisher fungieren sie meist als datenbereitstellende Systeme oder werden zur Absicherung und Fehleranalyse verwendet. Zu diesem Schluss kommt die Studie »Digital Twin Readiness Assessment« von Fraunhofer IPK und msg aus dem Jahr 2020. So werde das Angebot automatisierter Mehrwertdienste und die Ausgestaltung als autonome oder adaptive Systeme bislang in wenigen Konzepten berücksichtigt.  

Um das volle Potenzial Digitaler Zwillinge auszunutzen, entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Kunden maßgeschneiderte Lösungen. Wir vernetzen Digital Twins untereinander und ermöglichen so, ganze Produktionsstraßen mit geringem zeitlichem und finanziellem Aufwand abzubilden. Dabei behalten wir stets auch den Aspekt der Nachhaltigkeit im Blick, denn auch auf diesem Feld bietet die Technologie neue Möglichkeiten.

Wie können wir Sie unterstützen?

Hier zeigen wir exemplarisch einige Probleme aus der industriellen Anwendung auf, die sich mithilfe Digitaler Zwillinge lösen lassen.  

 

Lösung

Digital Twins für die Kreislaufwirtschaft

  • Schließen von Informations- und Materialkreisläufen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.
  • Gestaltung von Produkten, die alle Lebenszyklusphasen berücksichtigen.
  • Reduzierung von Abfall und Rückführung von Produkten in den Kreislauf nach Nutzungsdauer.
 

Lösung

Nachhaltigkeit mithilfe von Digitalen Zwillingen

  • Verantwortung der Produktentwickler, Produkte über alle Lebenszyklusphasen hinweg optimal gestalten.
  • Vorausdenken der Lebenszyklusphasen als Teil des Product Lifecycle Managements.
  • Sammlung und Bewertung zahlreicher Informationen zur Bestimmung der tatsächlichen Nachhaltigkeit eines Produktes oder Systems.
 

Lösung

Entwicklung und Betrieb Digitaler Produkt- und Fabrikzwillinge

  • Digitale Zwillinge ermöglichen Analysen aktueller Betriebszustände, Prognosen, Echtzeit-Optimierungen und virtuelle Umplanungen.
  • Unterstützung bei der Entwicklung und dem Betrieb von Digitalen Produkt- oder Fabrikzwillingen.
 

Lösung

Modelle und Modellierung Digitaler Zwillinge

  • Vielfalt an Modellen für zweckorientierte Digitale Zwillinge: Nutzung unterschiedlicher Modelltypen für Entwicklung und Simulation.
  • Methodische Begleitung: Unterstützung durch das 8D-Modell zur optimalen Ausgestaltung von Digital Twin-Lösungen.
 

Lösung

IT-Architekturen und Infrastruktur für Digitale Zwillinge

Datendurchgängigkeit, heterogene Systemlandschaften und unternehmensübergreifende Zusammenarbeit stellen hohe Anforderungen an Robustheit, Flexibilität und Erweiterbarkeit der IT-Systemarchitektur sowie der verwendeten Technologien. Mit dem Design-Elements-Modell bieten wir konzeptuelle Hilfe bei dem Aufbau und der Planung Ihrer IT-Architekturen und Infrastrukturen und rüsten Sie für den Einsatz Digitaler Zwillinge.

 

Referenz

Lifecycle Monitoring mit Digital Twin

Entwicklung eines IoT-basierten Systems zur Zustandsüberwachung und vorausschauenden Wartung von Werkzeugmaschinen

Weiterlesen im FUTUR-Magazin

 

FUTUR-Artikel

Schneller Entwickeln dank Digital Twin

Unsere Forscherinnen und Forscher haben eine Pilotanlage entwickelt, an der verkettete Produktionsanlagen kostengünstig konzipiert und komplexe Prozesse sicher getestet werden können. Das Prinzip: Ein Digitaler Zwilling der modularen Entwicklungsumgebung sorgt dafür, dass die beiden Roboter für jeden Montageschritt automatisiert konfiguriert und angesteuert werden.

Video

 

FUTUR-Artikel

Gemeinsam mehr erreichen

Komplexe Produkte haben heute einen nicht unerheblichen »digitalen Anteil«. Wichtige Funktionen entlang ihres Lebenszyklus haben sich von der physischen Welt in virtuelle Datenräume verlagert. Ganze Produktionsstätten werden mittels Digitaler Zwillinge gesteuert, und smarte Produkte zeichnen immer mehr Daten auf. Neue Anforderungen an Recycling machen die Nutzung von Daten unumgänglich.

 

FUTUR-Artikel

Gut vernetzt ist halb gewonnen

Um hochkomplexen Systeme be­herrschen zu können, setzen Unternehmen bereits vielfach Digital Twins ein. Sie sind das digitale Abbild eines spezifischen Produkts, einer Produktionsanlage oder einer gesamten Fabrik und ermöglichen es, mithilfe von Modellen, Informationen und Daten deren Eigenschaften, Zustand und Verhalten zu erfassen, vorherzusagen und zu steuern.

 

FUTUR-Artikel

Ein Navi für die Produktion

»In 500 Metern rechts abbiegen.« Auf Autofahrten verlassen wir uns gern auf digitale Assistenz in Form eines Navigationssystems. Wäre es nicht schön, wenn es solche einfachen Anweisungen auch in komplexen Produktionsprozessen geben könnte? Das Fraunhofer IPK entwickelt Lösungen für digitale Assistenzsysteme, mit denen Nutzenden eine individuelle und anpassbare Unterstützung an die Hand gegeben wird.

 

FUTUR-Artikel

Kontext ist alles

Im Bereich Maintenance, Repair and Overhaul (MRO) liegen mobile Assistenzapplikationen voll im Trend, denn beim Warten von Maschinen und Anlagen ist besonders wichtig, die umgesetzten Schritte trans­parent zu dokumentieren, damit andere Werkerinnen und Werker nachvollziehen können, welche Arbeiten durchgeführt wurden. Mithilfe von KI werden diese flexibler – und vorausschauender.  

Publikationen rund um Digital Twins

Jahr
Year
Titel/Autor:in
Title/Author
Publikationstyp
Publication Type
Diese Liste ist ein Auszug aus der Publikationsplattform Fraunhofer-Publica

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