Im Rahmen des MAP-Projekts besteht für den Anwendungsfall der budatec GmbH das Ziel in der Entwicklung eines agilen Prozessmanagementsystems, das das Ableiten und Realisieren von kurzfristig umsetzbaren Prozessszenarien auf Knopfdruck ermöglicht. Die Instrumente der Vorausschau werden dabei erstmalig mit der automatisierten Erzeugung von Prozessen verknüpft und prototypisch umgesetzt.
Automatisierte Generierung von Prozessszenarien
Kundenindividuelle Anpassungen an Standardprodukten sind eine klare Stärke kleiner und mittlerer Unternehmen. Gleichzeitig erfordert die Fertigung der Produkte ein hohes Maß an technologischem Fachwissen und somit manueller Arbeit. Diese beiden Aspekte erhöhen die Komplexität der Auftrags- und Produktionsprozesse, denn kein Produkt gleicht einem anderen. Auch die Make-or-Buy-Entscheidung für einzelne Baugruppen wird auftragsspezifisch mit Hilfe des vom Fraunhofer IPK entwickelten modellbasierten interaktiven Lagebilds, basierend auf Kapazitätsanzeige der Ressourcen und der verfügbaren Lieferanten, getroffen.
Um Mitarbeitenden die Informationen, die zur Ausführung eines individuellen Auftrags erforderlich sind, rollenbasiert zur Verfügung zu stellen, wird ein Assistenzsystem für den Shopfloor entwickelt. Auf einem mobilen Endgerät werden die auftragsindividuellen Arbeitsschritte und die dazugehörigen Dokumente angezeigt. Die Grundlage hierzu bildet die automatisierte Generierung von auftragsindividuellen Fertigungsprozessmodellen (Prozessszenarien) mittels vorkonfigurierter Fertigungsprozessmodule. Diese Module werden wie Bausteine für jeden Kundenauftrag individuell zusammengesteckt und mit Auftragsinformationen angereichert. Rückmeldungen der Mitarbeitenden fließen ebenso in das spezifische Fertigungsmodell und können wiederum auf dem Lagebild angezeigt werden.
Ambidextres Prozessmanagement
Für die Sicherstellung einer hohen Servicequalität ist die effiziente Umsetzung von ad-hoc Aufgaben (z.B. Einsatz beim Kunden vor Ort) unabdingbar. Analog dazu sind beispielsweise auftragsindividuelle Bauteile kurzfristig zu konstruieren und zu fertigen. Aus der strategischen Perspektive sind zusätzlich Resilienz-Maßnahmen für den effektiven Umgang mit Disruptionen zu entwickeln und umzusetzen. Gleichzeitig ist die Stabilität der regulären Geschäfts- und Fertigungsprozesse sicherzustellen.
Zur Bewältigung der Spannungen zwischen Dynamik und Stabilität wird das Konzept der Ambidextrie (lat. Beidhändigkeit) herangezogen. Mittels dual operierender Organisations- und Prozessstrukturen werden ad-hoc Aufgaben von Routineprozessen getrennt bearbeitet. Ermöglicht wird dies durch eine transparente Koordination der Aufgaben, welche durch das ambidextre Aufgabenmanagementsystem unterstützt wird. Die aufgabenbezogenen Informationen werden rollenbasiert im Rahmen des Lagebilds oder auf dem mobilen Endgerät für den Shopfloor angezeigt und bearbeitet.
Integration von Best Practices
Haben sich Mechanismen für die Bearbeitung von ad-hoc Aufgaben bewährt, werden diese in das Unternehmensmodell integriert. Die optimierten Geschäfts- und Fertigungsprozesse bilden auf diese Weise eine präzisere Grundlage für die ML-basierte Umfeldanalyse im Lagebild. Das Zusammenspiel der Systeme ermöglicht eine kontinuierliche und datenbasierte Evolution der Prozesse. Sie bilden die Grundlage für das transparente Management von wiederkehrenden sowie ad-hoc-Prozessen und unterstützen ein vernetztes Handeln im gesamten Unternehmen.
Umfeldanalyse mit maschinellem Lernen
Aufgrund der vielfältigen und überlappenden Einflüsse aus dem Unternehmensumfeld (z.B. Pandemie, Chip-Krise, Naturkatastrophen) müssen Entscheidungen sowohl auf Basis von unternehmensinternen Daten (z.B. Liquidität) als auch Umfeldinformationen (z.B. Technologietrends) getroffen werden. Die Grundlage für dynamische Reaktionen ist somit ein stets aktuelles Abbild des Unternehmens und des Unternehmensumfelds.
Das modellbasierte interaktive Lagebild ermöglicht die Simulation von Einflussfaktoren auf die Liquidität und kommt an dieser Stelle zum Einsatz. Im MAP-Projekt wird es um die strategische Komponente der modellbasierten Umfeldanalyse erweitert, um die für das Unternehmen relevanten Informationen zu identifizieren und aufzubereiten. Hierfür werden Methoden des Maschinellen Lernens (ML) eingesetzt. Beispielsweise werden Meldungen zu den neusten technologischen Entwicklungen in den Anwendungsgebieten der Produkte angezeigt. Das modellbasierte interaktive Lagebild mit integrierter ML-basierter Umfeldanalyse bildet somit das Assistenzsystem für leitende Angestellte in der strategischen Unternehmensführung.