Nachhaltig gefertigte Giganten

Zero-Defect Manufacturing ist ein Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaften. Lebenszyklusanalysen von GreenDelta unterstützen Unternehmen dabei – auch bei so gewaltigen Produkten wie Schiffsmotoren.

Ein Gastbeitrag von Dr.-Ing. Friedrich Halstenberg, GreenDelta GmbH

Die Umstellung der Industrie auf ein nachhaltiges Wirtschaften erfordert weitreichende systemische Veränderungen in Organisationen, Produkten und Dienstleistungen. Um diese Veränderungen zu steuern, müssen die relevanten Indikatoren und Wirkungskategorien systematisch auf der Grundlage der verfügbaren Informationen bewertet werden. Hier hilft die Lebenszyklusanalyse (LCA), die auch als Umwelt- oder Ökobilanz bekannt ist. Dabei handelt es sich um eine bewährte datenbasierte Methode zur Quantifizierung von Umweltauswirkungen.

Bei GreenDelta haben wir die Open-Source-LCA-Software openLCA entwickelt. Sie wird weltweit von Unternehmen, Universitäten und Regierungseinrichtungen genutzt, um schnell und effizient diverse Nachhaltigkeitsindikatoren zu errechnen, beispielsweise Product Environmental Footprints (PEFs) und CO2-Fußabdrücke oder Environmental Product Declarations (EPDs). Während wir openLCA kostenfrei zur Verfügung stellen, führen wir diverse Beratungs- und Softwareentwicklungsprojekte mit Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen durch, schulen Anwendende und sind in verschiedenen Forschungsprojekten aktiv.

Eine dieser Forschungsaktivitäten ist das EU-geförderte Konsortialprojekt ENGINE (Zero-Defect Manufacturing for Green Transition in Europe). Darin entwickeln wir ein System, mit dem Metallerzeugnisse entworfen und defektarm hergestellt werden können. Die Anwendung wird in der Lieferkette von Schiffsmotoren demonstriert. Der Projektbeitrag von GreenDelta besteht darin, auf Basis von openLCA den Einfluss der Zuverlässigkeit in Produktion und Betrieb auf die Nachhaltigkeit dieser Produkte zu bewerten. Wir befassen uns insbesondere mit der Herausforderung unvollständiger und unsicherer Daten, beispielsweise in frühen Phasen des Systementwurfs. Klassische LCA-Methoden und Werkzeuge stoßen hier an Grenzen, weil sie auf eine hohe Datenqualität angewiesen sind. Dieses Problem adressieren wir mit einer Kombination von LCA und System-Dynamics (SD)-Modellen.

SD ist ein Ansatz zum Verständnis des nichtlinearen Verhaltens komplexer Systeme im Zeitverlauf. Dabei werden Datenelemente wie Bestände, Flüsse, interne Rückkopplungsschleifen, Tabellenfunktionen und Zeitverzögerungen genutzt, um Wirkungsketten zu simulieren. So werden die Folgen von Entscheidungen über einen definierten Zeitraum hinweg aufgezeigt. Im Idealfall wird das Verhalten eines Systems deutlich, während nur Ursache und Wirkung modelliert werden. Typischerweise wird die Struktur des Modells in einer Benutzeroberfläche dargestellt. Während LCA-Modelle die Erhebung präziser Daten erfordern, was zeitaufwändig und weitgehend von der Verfügbarkeit von Informationen abhängig ist, können SD-Modelle schneller erstellt werden, wobei der Schwerpunkt auf den wesentlichen Daten liegt.

Zusammen mit 16 weiteren Projektpartnern integrieren wir diese Modelle mit weitreichenden Materialsimulationsmodellen in eine Entwicklungsmethodik, die auf Modellbasiertem Systems Engineering (MBSE) basiert. So sollen die Modelle untereinander verknüpft und aus diversen Datenquellen nützliche Informationen destilliert werden. Das Gesamtergebnis unterstützt Hersteller von Metallwaren bei der Entwicklung nachhaltigerer und zugleich wettbewerbsfähigerer Produkte.

Dr.-Ing. Friedrich Halstenberg

© Jens Blank

promovierte an der TU Berlin zum Thema »Entwicklung zirkulärer Systeme«. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPK und am IWF der TU Berlin, wo er sich auf Produktlebenszyklusmanagement (PLM) und die Entwicklung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen konzentrierte. Bei GreenDelta arbeitet Dr. Halstenberg in Forschungs- und Beratungsprojekten mit den Schwerpunkten LCA, Circular Economy und Produktentwicklung. Er betreut Kunden in den Branchen Maschinenbau, Schiffsantriebe, Plastikrecycling und in der Bauwirtschaft.