Was die Welt zusammenhält

Beim Schweißen zählt heute neben der Effizienz auch die Nachhaltigkeit. Durch Werkstoffauswahl, Leichtbau-Methoden und nicht zuletzt Industrie 4.0-Verfahren lässt sich beides steigern.

Ob Medizintechnik, Automobilindustrie oder Schiffbau, kaum eine Branche kommt ohne Schweißen aus. Mittlerweile werden viele metallische Bauteile additiv gefertigt – auch das ist ein schweißtechnisches Fertigungsverfahren. Dabei liegt der Fokus neben maximierter Effizienz auch auf dem Umweltschutz. Ressourcensparendes Produzieren, nachhaltige CO2-Fußabdrücke und recycelbare Langzeitlösungen werden aus allen Richtungen gefordert – inklusive von den produzierenden Unternehmen selbst. Zum Glück bietet gerade die Schweißtechnik viele Möglichkeiten, Prozesse auf mehr Klimaneutralität hin zu optimieren. Initiativen, die mittels Leichtbau-Methoden modernste hochfeste Stähle einsetzen und mit digitalen Ansätzen der Simulation Fertigungsverfahren transformieren, sparen nicht nur Ressourcen, sondern auch Kosten. 

Der Werkstoff macht den Unterschied

Beispielsweise gibt es in der Automobilbranche eine Vielfalt an Möglichkeiten, Schweißverfahren rentabler und nachhaltiger zu gestalten. Vor allem für Letzteres gilt Elektromobilität als Schlüsselfaktor, da Elektrofahrzeuge verringerte CO2-Emissionen im Produktlebenszyklus verursachen. 

Trotz starker Förderungen seitens der deutschen Politik sind lediglich 0,6 Prozent aller zugelassenen PKW elektrisch betrieben. Vor allem die hohen Anschaffungskosten halten Menschen davon ab, vom PKW aufs Elektrofahrzeug umzusteigen. Die Entwicklung eines neuartigen Konzepts zur Produktion eines Batteriegehäuses komplett aus Stahl soll dazu beitragen, eine wirtschaftlichere und klimafreundlichere Alternative zum herkömmlichen Aluminiumgehäuse zu realisieren. Die Anforderungen an ein Batteriegehäuse sind hoch: Es muss Korrosionen standhalten und zudem eine hohe Crashsicherheit sowie Dichtigkeit gewährleisten können. Ein Batteriegehäuse aus verzinktem Mehrphasenstahl wird diesen Anforderungen gerecht und bietet die Möglichkeit, die Produktionskosten zu reduzieren, die Performance zu optimieren und die CO2-Bilanz zu verbessern. Um die außergewöhnlichen Werkstoffeigenschaften dieser Stähle in vollem Umfang nutzen zu können, ist die Auswahl geeigneter Fügeverfahren erforderlich. 

Forschende des Fraunhofer IPK arbeiten daran, die Prozesse für linienförmige Fügeverbindungen von Stahlbatteriegehäusen optimal nachhaltig zu gestalten. Dabei wird neben dem Laserstrahlschweißen auch das Laserstrahllöten als potenzielles Fügeverfahren in Betracht gezogen. Das Laserstrahllöten, bei dem das Lot als Verbindungsmittel dient, wird insbesondere der Anforderung an eine hohe Gasdichtigkeit gerecht. 

"Stahlbasierte Batteriegehäuse können quasi endlos recycelt werden."

Die beiden Laserstrahlfügeverfahren zeigen neben den prozesstechnischen Vorteilen auch ein hohes Potenzial hinsichtlich der Anforderungen an einen klimafreundlichen Produktionsprozess. Welche Auswirkungen Schweißverfahren auf die Umwelt haben, ist bisher nur wenig erforscht worden. Das macht es produzierenden Unternehmen schwer, im Entstehungsprozess eines Produkts Überlegungen zum Umweltschutz zu berücksichtigen. Zur Bewertung des Prozesses wird eine sogenannte Lebenszyklusanalyse auf die Fertigungsverfahren angewendet.

Die Lebenszyklusanalyse liefert wichtige Rückschlüsse über die Umweltauswirkungen eines Produkts oder Prozesses. So können nützliche Hinweise für eine Vielzahl von Entscheidungsprozessen ermittelt werden. Kernelement dieser Ökobilanzierung ist die Sachbilanzierung. In ihr werden alle relevanten Inputs und Outputs erfasst, die sich auf das System »Schweißprozess« beziehen. Aus den akkumulierten Werten wird die Umweltwirkung des Verfahrens anhand von Kategorien wie beispielsweise CO2-Äquivalent, Versauerungspotenzial oder Photooxidantien abgeleitet. 

Interessant und wirklich praxisrelevant wird es, wenn man verschiedene Schweißverfahren im Hinblick auf ihre Umweltschädlichkeit miteinander vergleichen will. Dabei stellt sich oft heraus, dass zwei Input-Faktoren besonders großen Einfluss auf die Ökobilanz eines Verfahrens haben: der Bedarf an Zusatzwerkstoff und an Energie. Dank dieser Erkenntnis konnten die Forschenden die zu erfassenden Einflussgrößen auf diese beiden Faktoren begrenzen. In der Praxis reduziert sich dadurch der Aufwand für Unternehmen, die eine Ökobilanzierung ihrer Schweißverfahren vornehmen wollen. 

Im direkten Vergleich weisen Stahl- und Aluminiumgehäuse in der Nutzung ähnliche CO2-Emissionen auf. Allerdings lassen sich in der Produktion von Stahlbatteriegehäusen bis zu zwei Drittel an Treibhausgasemissionen einsparen. Zusätzlich können stahlbasierte Batteriegehäuse quasi endlos recycelt werden.

Laserstrahllöten von Automobilblechen, genauer: eines Batteriekastens
Laserstrahlschweißen (rechts) von Automobilblechen, genauer: eines Batteriekastens

Stahl goes digital

Weiterhin kann der CO2-Fußabdruck durch Ansätze aus dem Leichtbau aktiv verringert werden. Hierbei kommt es in der Automobilbranche vermehrt zum Einsatz hochfester und höchstfester Dual- und Complexphasenstähle. Durch die hohe Festigkeit können diese Stähle für die gleiche Crashsicherheit wie konventionelle Stahlbauweisen sorgen, während gleichzeitig weniger Material eingesetzt werden muss.

Ein Beispiel für solche Bauweisen sind sogenannte Tailor Welded Blanks (TWB): Halbzeuge, in denen verschieden feste Stähle miteinander verschweißt sind. Sie sorgen für unterschiedliche Festigkeitszonen in einem Bauteil. Dadurch muss hochwertiges Material nur an der crashrelevanten Stelle, wie beispielsweise der B-Säule, eingesetzt werden.

Bei einer Produktion von zwei Millionen Fahrzeugen pro Jahr lassen sich in der Herstellung ca. 32 000 Tonnen CO2 einsparen, wenn TWB verbaut werden. Eine zusätzliche Einsparung wird durch die Gewichtsreduzierung erreicht. Insgesamt kann von einem Einsparpotenzial von 85 000 Tonnen CO2 pro Jahr ausgegangen werden. Die maßgeschneiderten Einzelbleche der TWB werden mittels Laserstrahl schweißen gefügt und anschließend durch Tiefziehen in die finale Form gebracht. Dies stellt für hohe Festigkeitsklassen (> 1 000 MPa) derzeit noch eine Herausforderung dar. Die Bereiche in und um die Schweißnaht sind besonders rissgefährdet. Dort kommt es zu Veränderungen der Härte durch den hohen Wärmeeintrag beim Schweißen. 

Industrie 4.0 ist längst im Schweißsektor angekommen. Schweißstromquellen sind digitalisiert und in moderne Anlagen sind Computer und Mikroprozessoren eingebunden, die mit anderen Geräten kommunizieren können. Dadurch ist die Grundlage für die »Smart Production« gegeben. Die intelligente Peripherie der Schweißanlagen macht es möglich, Anwendungen und Prozesse stetig weiter zu verbessern und zu optimieren. Die Anwendung der Schweißstruktursimulation erweitert den Spielraum für optimierte Produktentstehungsprozesse. 

Als Output sind diverse Ergebnisparameter auslesbar: Verzug, Eigenspannungen, Temperaturverläufe und Phasenumwandlungen. Die digitalen Methoden verhelfen Unternehmen nicht nur dazu Ressourcen einzusparen, sondern den CO2-Fußabdruck der gesamten Prozesskette zu verringern. So können sie mithilfe der Erkenntnisse aus der Simulation, der Ökobilanzierung und dem detaillierten Prozessverständnis ganze Prozessketten als Digitalen Zwilling abbilden und analysieren. Auf diese Weise wird der aufwendige Prototypenbau auf ein Minimum reduziert und die Produktentstehung bereits vor dem ersten Schweißen digital optimiert.