Die Rettung naht

mRNA-basierte Impfstoffe gegen das neuartige Coronavirus sind vielversprechend, aber schwierig herzustellen. Lässt sich ihre Produktion durch neue Verfahren beschleunigen?

Über den besten Weg aus der Pandemie wurde schon viel diskutiert. Nur eines scheint dabei sicher: Ohne einen Impfstoff wird es schwierig. Über 150 Kandidaten sind derzeit global in der Entwicklung. Sobald einer oder mehrere davon erprobt und zugelassen sind, müssen sie möglichst schnell hergestellt und gerecht verteilt werden. Auf der ganzen Welt bereitet man sich deshalb derzeit auf die rasche Produktion, Verteilung und Verabreichung einer nie dagewesenen Menge an Impfdosen vor. Allein die Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) möchte bis Ende 2021 rund zwei Milliarden Impfstoff-Einheiten kaufen. Bei der Frage, welche der Arzneikandidaten sich am Ende durchsetzen könnten, hört man immer wieder ein Stichwort: »mRNA-Impfstoff«.

Auch die deutsche Firma CureVac forscht an einem solchen Impfstoff und stieß dadurch in den letzten Monaten auf weltweites Medieninteresse. Unter anderem die deutsche Bundesregierung unterstützt ihre Forschung, zudem haben CureVacs Aktivitäten die Neugier von Tesla-Chef Elon Musk geweckt und ihn zu einem Besuch in Tübingen veranlasst. Auch das Fraunhofer IPK kooperiert mit dem Tübinger Unternehmen, um die Entwicklung und Herstellung der Vakzine voranzutreiben.

Wie funktionieren mRNA-Impfungen?

Auch wenn Unternehmen wie CureVac bereits seit zwei Jahrzehnten an mRNA-Technologien forschen, gibt es noch keine darauf basierenden, zugelassenen Impfstoffe. Die Dringlichkeit einer weltweiten Pandemie mit der Aussicht, ganze Volkswirtschaften über Jahre hinweg zu lähmen, könnte dieser Technologie nun zum Durchbruch verhelfen. Denn anders als bei bereits bekannten Viren wie Masern, Diphterie oder Grippe, gibt es für das Coronavirus noch keinen »traditionellen« Impfstoff, der die aufwendige Forschung an der mRNA-Vakzine ersetzen könnte.

Bisherige Impfstoffe basieren meist auf der Idee, dem Körper sogenannte Antigene zuzuführen: entweder abgeschwächte oder tote Versionen des Virus, gegen das geimpft wird, oder aber sogenannte Vektoren, harmlose Impfviren, die mit bruchstückhafter Erbinformation des schädlichen Virus »verkleidet« werden und so eine Infektion vorgaukeln. Diese Antigene können zwar keine Krankheit auslösen, den Organismus aber dazu anregen, so zu reagieren, als könnten sie es. Diese Abwehrreaktion kann sich der Körper über einen gewissen Zeitraum hinweg »merken« und zu seinem Arsenal der Immunabwehr hinzufügen. Sie kann sofort abgerufen werden, falls das echte Virus einmal erfasst wird.

Im Gegensatz dazu enthalten mRNA-Vakzine keine Bestandteile des Virus, gegen das geimpft wird. Mit der einzelsträngigen mRNA, auch Boten-RNA genannt (das m steht für »Messenger«), wird lediglich eine genetische Bauanleitung in den Körper der geimpften Person eingebracht. Diese ist in der Lage, körpereigene Zellen zur Produktion viraler Proteinbausteine anzuregen, die als Virusbestandteile erkannt werden und eine entsprechende Immunabwehrreaktion auslösen. Mit anderen Worten: Der Körper erzeugt auf Grundlage der mRNA-Information die Antigene selbst und reagiert dann auf diese. Wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet, bietet diese Art der Impfung »ein deutlich besseres Sicherheitsprofil und geringere Nebenwirkungen«.

Warum also gibt es bisher noch keine einzige zugelassene mRNA-Vakzine? Hierzu schreibt das Ärzteblatt: »Die Verwendung von mRNA als Impfstoff wurde zunächst nur zögernd entwickelt. Das lag vor allem daran, dass RNA-Moleküle sehr schnell enzymatisch abgebaut werden.« Das bedeutet, dass die mRNA-Moleküle ohne einen besonderen Schutz im Körper nicht lange genug bestehen bleiben können, um an
der richtigen Stelle ihre Wirkung zu entfalten.

 

Molekulare Schützenhilfe

Wie können die mRNA-Moleküle also für die Impfung und den Transport im Körper fit gemacht werden? Das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel Paul-Ehrlich-Institut fasst das Prinzip so zusammen: »mRNA-/DNA-Impfstoffe benötigen für die Impfung keinen Vektor, d. h. kein Trägervirus,  sondern flüssige Nanopartikel (Fetttröpfchen), sodass  sie in einige Körperzellen gelangen können.«

Die mRNA-Moleküle müssen also in eine schützende Lipidhülle verkapselt werden. Derzeit verfügbare Technologien zur Erzeugung solcher Lipidnanopartikel und zur Verkapselung der Moleküle sind allerdings noch nicht sehr leistungsstark. Die aktuell in der Entwicklung befindlichen SARS-CoV-2-Impfstoffkandidaten können deshalb nur langsam vervielfältigt und getestet werden. Vor allem betreffen diese Schwierigkeiten nach heutigem Stand der Technik auch die Produktion des Impfstoffs, sobald die Entwicklung abgeschlossen ist. So kam es zum Kooperationsprojekt HeLiMol (Herstellung von Lipidnanoformulierungen für die Verkapselung  von mRNA-Molekülen) mit dem Fraunhofer IPK.

In dem von der Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen der »Fraunhofer vs. Corona«-Kampagne geförderten Projekt werden zwei mögliche Ansätze nahezu parallel erforscht. Die beiden Herangehensweisen unterscheiden sich in der Methode der Vermischung der mRNA-Moleküle und der Lipidphase für eine schnelle und gleichmäßige Verkapselung. So werden mikrofluidische Verkapselungstechnologien entwickelt, die gleichzeitig eine GMP-konforme Verkapselung und eine Skalierung der Produktionskapazitäten ermöglichen. Zudem wird ein völlig neuer Ansatz zur makroskopischen Hochdurchsatzverkapselung der mRNA-Moleküle erforscht, mit dem die erforderlichen Produktionskapazitäten auch ohne eine komplexe Parallelisierung mikrofluidischer Strukturen erreicht werden können.