Maschinenbedienung App-solut im Griff

Anlagen und Maschinen werden immer komplexer. Assistenzsysteme auf Basis mobiler Devices sollen die Mitarbeitenden bei der Wartung und Instandhaltung unterstützen.

Die Bedienung von Maschinen ist für viele Unternehmen zur komplexen Herausforderung geworden. Einerseits gibt es ein Personalproblem: Erfahrene Fachleute können ihr umfangreiches Wissen häufig nicht mehr sorgfältig an ausreichend Nachwuchskräfte weitergeben. Stattdessen kommen immer mehr Quereinsteiger in die Werkshallen, die kurzfristig angelernt werden müssen. Zugleich wird die Bedienung der Anlagen zunehmend komplizierter, selbst für erfahrene Beschäftigte. Das liegt nicht nur daran, dass die Maschinen immer mehr können, sondern auch daran, dass die Ansprüche an Werkstückqualität und Effizienz steigen. 

Assistenzsysteme können helfen, diese Situation zu entschärfen: Mobile Applikationen auf Handys oder Tablets unterstützen die Anlernphase sowie die Prozessführung. Mit ihnen können Informationen zu Maschine, Bauteil oder Fertigungsprozess vereinfacht und situationsbedingt zur Verfügung gestellt werden.

© Fraunhofer IPK / Larissa Klassen

App-unterstützte Prozesseinrichtung

Geht es beispielsweise darum, den Rüstprozess an einer Fräsmaschine anzuleiten, wird mithilfe einer Seriennummer oder eines QR-Codes zunächst die richtige Maschine identifiziert. Anschließend führt die Applikation Schritt für Schritt durch die einzelnen Aufgaben: Fräskopf lockern, Werkzeug einspannen, Fräskopf wieder befestigen. Auf dem Handy-Bildschirm wird jeweils angezeigt, welches Werk- oder Halbzeug für den Arbeitsschritt benötigt wird. Bilder oder Videos veranschaulichen die Erläuterungen, wenn nötig mit Übersetzungen in diverse Sprachen. 

Doch damit nicht genug: Feine Sensoren innerhalb der Maschinen überprüfen, ob alle Schritte korrekt umgesetzt wurden. Beispielsweise verfügt das Spannfutter über Sensorik, die prüft, ob das Werkstück mit der richtigen Spannkraft festgezogen wurde. Somit können auch Neulinge schnell die korrekten Handgriffe ausführen. Zudem kann intelligente Sensorik die Ermittlung optimaler Prozessparameter unterstützen – so werden Energie und Material gespart und Bearbeitungsergebnisse von höchster Qualität erzielt.

»Wir forschen daran,
dass die Maschine durch
Sensoren automatisch erkennt, 
wo das Problem liegt.«

In-situ-Überwachung spart Zeit und Geld

Selbst während eines Prozesses überwachen Sensoren in den Anlagen kontinuierlich unterschiedliche Parameter wie Drücke, Temperaturen oder Energieverbrauch. »Abweichungen von den idealen Parametern zeigen an, dass etwas im Prozess schiefläuft«, erklärt Philipp Lelidis, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Produktionsmaschinen und Anlagenmanagement. Solche Indikatoren weisen auch darauf hin, wo das Problem liegt. 

Ein Anwendungsbeispiel ist die Additive Fertigung, wie der 3D-Druck für Metalle, der vor allem in der Luftfahrt oder der Medizinbranche zum Einsatz kommt. Solch ein Prozess dauert häufig mehrere Stunden. Bemerken die Mitarbeitenden erst am Ende, dass es einen Fehler gab und das Bauteil unbrauchbar ist, hat man Zeit und Rohstoffe verschwendet.

»Wir forschen daran, dass die Maschine durch Sensoren automatisch erkennt, wo das Problem liegt, welche Auswirkungen das auf das Bauteil hat und wie wir gegensteuern können, um am Ende doch noch ein perfektes Bauteil zu erhalten«, sagt Lelidis. Durch diese in-situ-Überwachung könne man auch den Umfang der Qualitätssicherung am Ende reduzieren.

KI erkennt Muster und optimiert den Prozess

Ein weiteres Beispiel für die Vorteile der in-situ-Überwachung ist die Laserbearbeitung. »Ein Laserstrahl kann schneiden, bohren oder feine Schichten von der Oberfläche des Materials abtragen«, erklärt Dr. Luiz Guilherme De Souza Schweitzer, der die Abteilung Prozesstechnologien für Ultra- und Hochpräzisionstechnik leitet. Für besonders exakte Arbeiten kommen Laserpulse zum Einsatz, die nur wenige Femtosekunden lang sind. Treffen sie auf einen Werkstoff, so sublimiert dieser – er geht also von der festen in die gasförmige Phase über. Das akustische Spektrum dieses Dampfes lässt sich milhilfe von optischen Mikrofonen messen.

Für jeden Prozess gibt es ein ideales akustisches Spektrum. Abweichungen davon deuten darauf hin, dass Fehler aufgetreten sind. Bisher ist es noch sehr schwierig, diese akustischen Spektren auszulesen. Schweitzer arbeitet deshalb daran, eine künstliche Intelligenz darauf zu trainieren, fehlerhafte Muster zu erkennen und Optimierungsvorgänge am Prozess vorzunehmen. »Momentan haben wir das Know-how nur bei uns im Haus, doch der Test mit Kunden läuft bereits«, erklärt Schweitzer.

Werk 4.0 steigert die Resilienz der Produktion

Was im Kleinen funktioniert, soll künftig auch im Großen greifen. Im Rahmen des Projekts Werk 4.0 arbeitet das Fraunhofer IPK daran, nicht nur einzelne Anlagen, sondern ein ganzes Werk mit digitalen Assistenzsystemen auszustatten. Auch das soll die Mitarbeitenden entlasten und dazu beitragen, dass Jobs in der Produktion zugänglicher werden und trotz Fachkräftemangel besetzt werden können.

Weitere Informationen

 

Assistenzsysteme für die Produktion

Wir helfen Unternehmen, die Verfügbarkeit ihrer Maschinen und Anlagen sicherzustellen und Mitarbeitende bei deren Bedienung zu unterstützen. 

Forschungsprojekt

Werk 4.0

Vom konventionellen Produktionswerk zum resilienten Kompetenz-Werk durch Industrie 4.0