Stabil und gleichzeitig agil

Produktionsprozesse sollen stabil laufen, gleichzeitig gilt es, flexibel auf kurzfristige Änderungen zu reagieren. Wie das gelingen kann, erläutern Deike Ihnen, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IPK, und Dirk Busse, Geschäftsführer der Firma budatec.

© Fraunhofer IPK / Larissa Klassen

Agilität versus Stabilität – was heißt das in Unternehmen?

Ihnen:

Kleine Unternehmen wie die budatec GmbH sind zwangsläufig sehr agil – schließlich ist mit weniger Mitarbeitenden auch weniger Standardisierung möglich. In großen Unternehmen wie der AZO GmbH sind die Prozesse überwiegend standardisiert und starr, wobei die Innovation leicht auf der Strecke bleibt. Im Projekt AmbiProd wollen wir erreichen, dass die großen Unternehmen agiler werden, die kleinen sich dagegen mehr von der Standardisierung holen.

Busse:

Man kommt im Prinzip von zwei Seiten, die großen Firmen kommen von der stabilen, standardisierten Seite, wir von der flexiblen. Ziel ist es, uns gegenseitig anzunähern und voneinander zu lernen.

Wie kann das konkret gelingen?

Ihnen:

Wir orientieren uns am Lagebild der Polizei, etwa bei der »Lage« einer Geiselnahme. Das übertragen wir aufs Unternehmen: Fehlt ein Teil, geht man ja auch von der standardisierten hierarchischen Organisation in eine »Lage« über, in der man flexible Entscheidungen treffen muss. Wichtig ist das insbesondere bei kurzfristigen Änderungen – ein Mitarbeitender wird krank, ein Kunde möchte ein spezielles Teil wenige Tage vor der Auslieferung in rot statt in blau haben. Über die Ambidextrie – was so viel heißt wie »zwei rechte Hände« – wollen wir einen reibungslosen Wechsel zwischen standardisierten und flexiblen Prozessen erreichen.

Was heißt Ambidextrie für die budatec?

Busse:

In einer stabilen Produktion hat man eindeutige Kompetenzen und weiß, wer für was verantwortlich ist. In einer Lagesituation ändern sich Zuständigkeiten und Abläufe. Das kann man vergleichen mit einer Route, die man ins Navi eingibt. Läuft alles planmäßig, schlägt das Navi die Standardroute vor. Ist jedoch irgendwo ein Stau oder eine Vollsperrung, ermittelt es mögliche Ausweichrouten. Auf ähnliche Weise erkennt eine Software bei der Ambidextrie, wo es Probleme gibt, und schlägt Lösungen vor, damit wir rechtzeitig reagieren können.

Ihnen:

All das kann jedoch nur klappen, wenn die Mitarbeitenden mitziehen. Daher haben wir mit der Firma Accentus auch einen Berater für Organisations- und Personalentwicklung mit an Bord.

Weitere Informationen

Forschungsprojekt

AmbiProd

Mit dem ganzheitlichen ambidextren (lat. „beidhändig“) Ansatz sollen Lücken für zukünftige Produktionssysteme geschlossen werden. 

Förderhinweis

Das Projekt AmbiProd wird durch das Bundes-ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm »Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit« (02J21C000) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Förderkennzeichen: 02J21C191