Stromverbrauch im Blick

Klimaneutrale Produktion ist zur Erreichung der Klimaziele unerlässlich. Um Werkzeugmaschinen energieeffizienter zu machen, muss ihr Energieverbrauch transparent sein.

Eine erfreuliche Meldung des Umweltbundesamts aus dem März 2023: Der absolute Energieverbrauch in Deutschland ist in den letzten 30 Jahren insgesamt von 2631 Terawattstunden im Jahr 1990 auf zuletzt 2407 Terawattstunden leicht gesunken. Für produzierende Unternehmen weniger erfreulich: Die Industrie verbraucht nach wie vor am meisten Energie, nämlich 699 Terawatt im Vergleich zu den anderen Sektoren Haushalte (670), Verkehr (635) sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (385). Die mit Abstand wichtigsten Energieträger in der Industrie sind Gas und Strom.

Eine Schlüsselrolle im Bereich der produzierenden Industrie nehmen Werkzeugmaschinen ein, auch was den Gesamtenergieverbrauch angeht. Weltweit wurden im Jahr 2021 Dreh-, Fräs-, Erodier- und andere fertigungstechnische Maschinen im Wert von rund 71 Milliarden Euro produziert. Als langlebige Investitionsgüter werden solche Anlagen zum Teil über 20 Jahre und im Mehrschichtbetrieb eingesetzt. Die dabei entstehenden Energiekosten machen machen etwa 20 Prozent der Betriebskosten aus – da fällt es nicht schwer zu erahnen, dass sie sich über den gesamten Einsatzzeitraum auf erhebliche Werte summieren. Spielte in der Vergangenheit das Thema Energieverbrauch von Werkzeugmaschinen in der Produktion eine eher untergeordnete Rolle, so rückt es seit der Häufung dramatischer Klimakatastrophen und der aktuellen Energieverknappung in den Fokus des verarbeitenden Gewerbes.



Energieverbrauch hat viele Ursachen

Ob eine Werkzeugmaschine energieeffizient ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Werden Aggregate wie Kühlschmierung sinnvoll ein- und ausgeschaltet? Sind Pumpen mit geregelten Motoren im Einsatz? Ist die Maschine gut gewartet? Gibt es Standby-Strategien, wenn die Maschine mal nicht genutzt wird? Auch heute noch werden Werkzeugmaschinen in vielen Betrieben auch bei längerer Nichtnutzung häufig nicht abgeschaltet – sei es aus Angst, dass temperaturbedingte Effekte die Genauigkeit negativ beeinflussen, es zu Problemen beim Hochfahren kommen könnte oder einfach aus Bequemlichkeit. Zudem sieht man der Maschine nicht an, welches Aggregat wieviel Energie verbraucht. Möchte man die Produktion energieeffizienter gestalten, dann gibt es dafür viele potenzielle Stellhebel. Der Weg dorthin läuft immer gleich ab: Wahrnehmen, Verstehen, Vorhersagen, Steuern und Regeln. Für das Wahrnehmen und Verstehen hat das Fraunhofer IPK eine integrierte Lösung entwickelt. Auf ihrer Basis lassen sich Mechanismen für das Vorhersagen, Steuern und Regeln entwickeln. Doch vorab: Was bedeutet »Wahrnehmen« und »Verstehen«?

 

Den Energieverbrauch wahrnehmen

Im täglichen Leben sind sie bei vielen Menschen nicht mehr wegzudenken: Fitnesstracker. Ziel dieser kleinen Helfer ist es zu dokumentieren, wie fit wir eigentlich sind. Dazu erfassen sie mithilfe von Sensoren Daten, die dann kombiniert werden und entsprechende Kennzahlen liefern, wie die Anzahl der Schritte, die wir täglich machen. Dadurch nehmen wir wahr, in welchem Maße wir körperlich aktiv gewesen sind. Ähnlich funktioniert ein Energie-Monitoring. Ein entsprechendes Monitoringsystem für Werkzeugmaschinen erfasst Ströme und Spannungen, um daraus Energiekennwerte zu berechnen und Energieverbrauchsverläufe nachzuzeichnen.

 

Wirkzusammenhänge verstehen

Wüssten wir nicht, dass es zwischen Bewegung und Fitness einen Zusammenhang gibt, dann wäre die Dokumentation der Anzahl der Schritte ein ziemlich nutzloses Unterfangen. Wenn wir die aufgezeichneten Schrittwerte aber mit der Entwicklung unserer Leistungsfähigkeit in Beziehung setzen, erkennen wir den Zusammenhang. Aus den Erfahrungen lässt sich dann ableiten, wie sich unsere Kondition entwickeln wird, wenn wir mehr oder weniger Schritte laufen. Übertragen auf das Thema Energieeffizienz hilft die Dokumentation der Energieverbräuche im Kontext der jeweiligen Produktionsprozesse zu verstehen, ob diese Prozesse energieeffizient sind oder nicht. Hat man diese Zusammenhänge durchschaut, lassen sich daraus Maßnahmen ableiten, um die Energieeffizienz zu steigern.

 

Ein Energiemonitoring aufsetzen

Um zu dokumentieren, wo und in welchem Zusammenhang wie viel Energie verbraucht wird, hat das Fraunhofer IPK eine Lösung für das Energiemonitoring entwickelt, mit der Maschinen ohne großen Aufwand nachgerüstet werden können. Die wesentlichen Komponenten sind ein Netzanalysator, drei Stromwandler und ein Einplatinencomputer. Eingebaut in eine Box, wird das System zwischen Maschine und Netzanschluss geschaltet. Bei Bedarf können die Komponenten aber auch direkt im Schaltschrank verbaut werden. Aus den Verläufen der Phasenströme und der Spannung generiert der Netzanalysator alle Energiekenndaten, die von Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 benötigt werden. Diese werden per Modbus an den Einplatinencomputer übertragen. Ein auf dem Einplatinencomputer installierter MQTT-Client sendet die Daten dann als sogenannter Publisher an einen MQTT-Broker, von wo aus sie an beliebige Subscriber, die Abonnenten der Daten, zur Weiterverarbeitung zum Beispiel durch eine IoT-Plattform in der Cloud weitergeleitet werden. Die Umsetzung dieses Schrittes schafft die Grundlage zur Optimierung der Energieeffizienz von Produktionsanlagen.