Additiv, kreativ, alternativ

Biopolymere für industrielle Zwecke zu verarbeiten ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Das Fraunhofer IPK verfügt über das nötige Equipment.

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Der freeformer 300-3X bringt die Vorteile der Spritzgusstechnik in die additive Fertigung.

Bei der Suche nach nachhaltigen Plastikalternativen für die Industrie ist es nicht nur entscheidend, wie diese gewonnen werden, sondern auch, wie sie verarbeitet werden. Für solche technischen Probleme wollen Forschende im Rahmen des Projekts »BioFusion 4.0« kreative Lösungen finden, indem sie Prinzipien natürlicher Systeme nutzen. 

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Der freeformer 300-3X bringt die Vorteile der Spritzgusstechnik in die additive Fertigung.
Biopolymere in unterschiedlichen Verarbeitungszuständen.

Ein Team am Anwendungszentrum Mikroproduktionstechnik fertigt dazu Ersatz- oder Funktionsbauteile additiv aus einem biogenen und abbaubaren Polymer. Dieses wird mithilfe von Bakterien aus Abfallstoffen gebildet, wobei sich die Forschenden die natürliche Eigenschaft der Mikroorganismen zunutze machen, in Mangelumgebungen Reservedepots in Form von kleinen Kunststoffpartikeln zu bilden.

Aus diesem bioabbaubaren Kunststoff können sie on-demand kurzlebige Ersatzteile additiv fertigen. Maschinell wird der Druck hierbei durch den 3D-Drucker freeformer 300-3X der Firma Arburg durchgeführt, die ihre Wurzeln im Spritzguss hat. Dementsprechend  beginnt die Drucktechnik auch ähnlich wie beim Spritzgießen mit dem Aufschmelzen des Granulats in einem beheizten Plastifizierzylinder mit Schnecke. Anschließend trägt ein hochfrequent getakteter, starrer Düsenverschluss bis zu 330 Tropfen in der Sekunde aus. Je kleiner die Tropfen sind, desto feiner strukturiert wird die Oberfläche, während größere Durchmesser schnellere Arbeitsfortschritte ermöglichen. Die Tropfen verbinden sich dabei mit dem bereits umliegenden Material, sodass Schicht für Schicht dreidimensionale Bauteile mit hoher mechanischer Festigkeit entstehen können.

Bei der Verarbeitung seines Biopolymers macht sich das Fraunhofer IPK-Team eine Besonderheit des Druckers zunutze: die Möglichkeit drei Komponenten gleichzeitig zu verdrucken. So können sie komplexe Funktionsbauteile in belastbarer Hart-Weich-Verbindung mit Stützstruktur industriell additiv fertigen. Neben ihrem eigenen Werkstoff können sie auch auf die Materialdatenbank von Arburg zugreifen. 

Zudem ist eine Automatisierung der additiven Fertigung und die Integration des freeformer 300-3X in IT-vernetzte Fertigungslinien möglich. Im Zuge des »BioFusion 4.0«-Projekts können die Forschenden dadurch Microservices zur Druckauslösung einbinden, um ein dezentrales System zu schaffen. Das bedeutet weniger Planungsaufwand und schnelle Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen: Wenn zum Beispiel aus der Werkstatt der Bedarf für einen Greifer kommuniziert wird, kann die Druckauslösung des entsprechenden Bauteils aus Biokunststoff dezentral gesteuert erfolgen. Nach der Verwendung ist der Greifer kompostierbar und kann bedenkenlos entsorgt werden. Somit werden produzierende Unternehmen in die Lage versetzt, ihren Beitrag zu einer nachhaltigen, CO2-neutralen Produktion zu leisten.