Ein Gastbeitrag von Dr. Mark Krieg, Bosch Rexroth AG
»Es gibt Grund zur Hoffnung, dass wir bei den Aufträgen den Tiefpunkt überwunden haben, auch wenn wir im Vorjahresvergleich noch einige Zeit Minusraten sehen werden«, sagte VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers Anfang September über den Auftragseingang im deutschen Maschinen- und Anlagenbau. Aktuelle Zahlen bei Bosch Rexroth Industriehydraulik bestätigen diese Aussage noch nicht, aber Anlass zu Optimismus gibt sie für einen Zulieferer des Maschinen- und Anlagenbaus allemal.
Die Corona-Krise hat bei Bosch Rexroth zu einem starken Einbruch von Umsatz und Auftragseingang geführt. Was sie aber auch gezeigt hat, ist, dass das mobile Arbeiten besser funktioniert als erwartet und dass flexible Arbeitszeiten und Kurzarbeit gut geeignet sind, um solche hoffentlich zeitlich begrenzten und unerwarteten Krisen zu meistern. Auf Herausforderungen wie den globalen Wettbewerbs- und Kostendruck, Handelsbarrieren oder den technologischen Wandel nicht nur in der Automobilindustrie werden wir uns weiterhin einstellen müssen – und das langfristig. Hierfür eine Strategie nach dem Prinzip Hoffnung zu haben, wäre fahrlässig. In der Entwicklung der Bosch Rexroth Industriehydraulik verfolgen wir deshalb drei Schwerpunkte.
- Local for Local
Das beinhaltet nicht nur die Lokalisierung unserer Produktion und Zulieferernetzwerke, sondern auch die Entwicklung auf lokale Marktanforderungen abgestimmter Produkte. - Baukastensysteme
Entwicklung von Produkten in modularen Baukästen, um schnell und ohne steigende Komplexität in Fertigung und Einkauf auf die individuellen und sich immer schneller verändernden Bedürfnisse der Kunden reagieren zu können. - Digitalisierung
Schaffen digitaler Mehrwerte für unsere Kunden entlang des Produkt-lebenszyklus sowie Optimierung der eigenen Produktion mithilfe eines sinnvollen Datenmanagements.
Produktivitätssteigerungen sind in verschiedenen Teilen des Produktlebenszyklus möglich und beginnen bei der Maschinenauslegung bzw. -konstruktion. Bei Bosch Rexroth unterstützen wir unsere Kunden bereits bei der Auswahl und Konfiguration unserer Hydrauliksysteme.
Aktuell arbeiten wir daran, sowohl statische als auch dynamische Modelle unserer Produkte und Systeme nahtlos in gängige Softwaretools und Engineering Suiten zu integrieren. Wenn der Konstrukteur in seiner gewohnten Engineering Suite direkten Zugriff auf Hydraulikkomponenten hat und diese einfach in seinen Schaltplan, seinen Fluidplan, seine mechanische Konstruktion oder auch 1D-Dynamikmodelle zur Vorab-Simulation einbinden kann, ist das ein großer Vorteil. Solche digitalen Zwillinge sowohl von Komponenten als auch Systemen ermöglichen – je nach Detaillierungsgrad – vielfältige Mehrwerte entlang des Lebenszyklus, zum Beispiel die virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen. Denn wenn das Produkt im virtuellen Raum konfiguriert und in Betrieb genommen ist, steht dem »Plug and Produce« in der Realität nichts mehr im Weg. Mit der Inbetriebnahme erfolgt der Übergang vom OEM, d. h. vom Maschinen- und Anlagenbauer, zum Maschinenbetreiber, also dem Endkunden.
Beim Kunden steht letztlich die effiziente Nutzung einer Maschine in der Produktion im Fokus. Auch hierfür können wir Mehrwerte anbieten. So ist es mit digitalen On-Board-Elektroniken mit Zugriff über standardisierte Kommunikationsschnittstellen wie IO-Link, verschiedene Industrial-Ethernet-Feldbusse, Bluetooth, aber zukünftig auch via OPC UA möglich, auf Störgrößen besser zu reagieren. Bei Material- bzw. Formwechsel, z. B. im Kunststoffspritzguss, können Regelparameter während des Betriebes angepasst oder neue Parameter, die mithilfe eines digitalen Zwillings definiert und erprobt wurden, auf die Maschine übertragen werden. Nicht-produktive Nebenzeiten werden so reduziert. Auch die digitale Zustandsüberwachung und die vorausschauende Wartung bieten Mehrwerte für den Endkunden, indem sie die Voraussetzung dafür schaffen, ungeplante Stillstandzeiten zu vermeiden. Wird ein Ersatzteil benötigt, kann dieses rechtzeitig vorkonfiguriert und beschafft werden.